Frage:
Haben
die Parteien im Bundestag überhaupt schon begriffen, dass unser Land vor dramatischen
Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft steht, die nur im „Miteinander“
gelöst werden können?
Eigentlich
recht wenig. Natürlich ist ihnen nicht verborgen geblieben, dass nicht ein bisschen
hier oder da sich verändern wird, sondern ein fundamentaler Wandel bevorsteht,
den wir deshalb auch als „kooperative Zeitenwende“ bezeichnen.
Aber
dass Genossenschaften kein „Relikt von damals“ sind, sondern eine erprobte
Form, um solche Veränderungen aktiv mitgestalten können und könnten, dazu gibt
es erst wenig Einsicht. Umso überraschender
waren wir über den Beitrag von Frau Katarina Barley (SPD), der neuen Ministerin
für Arbeit und Soziales. Wir drucken deshalb auch ihren Artikel zum Thema
Genossenschaften – insgesamt - ab, den sie für eine Zeitung erstellt hat.
Die
Hervorhebung einiger Passagen erfolgte durch CoopTransform.
„Über 22 Millionen Menschen sind
Mitglied einer der über 8000 Genossenschaften in Deutschland – das ist beinahe
jeder Vierte. Ich selbst gehöre dazu. Genossenschaften
sind Sympathieträger: Hier steht Zusammenhalt statt Profit an erster Stelle.
„Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele“, sagte Friedrich
Wilhelm Raiffeisen, einer der Gründerväter der Genossenschaftsbewegung. Vor 200
Jahren wurde er geboren – wie Karl Marx.
Genossenschaftliche
Werte sind aber nichts Museales. Sie werden im Hier und
Jetzt gelebt. Ja, sie erleben sogar
einen Aufschwung. Nachhaltiges Wirtschaften wird nachgefragt. Auch der
Wunsch nach Regionalität hat eine Renaissance erfahren. Die Suche nach Verankerung und Identität gibt den Menschen Halt in
einer komplexer empfundenen, stärker international ausgerichteten Welt. Die
Genossenschaften können dabei auch Heimatgeber
sein.
Ich
glaube nicht an die Allheilkraft der Märkte. Gemeinsam schaffen
wir oft mehr, als wenn alle für sich allein wirtschaften. Regional
organisierte, kleinere, nicht rein auf Profit ausgerichtete Einheiten können
aus meiner Sicht näher dran sein an den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen
und können passgenauer und nachhaltiger wirtschaften.
Schwarmintelligenz
durch Genossenschaften
Genossenschaften
bringen die Chance, in Zeiten des Umbruchs durch die Digitalisierung die
Wirtschaft sozial zu gestalten und gemeinschaftlich zu handeln.
Denn in der digitalen Welt finden sich viele klassische Gedanken von
Genossenschaften wieder – Menschen zu vernetzen, Ideen zu finden und
Bedürfnisse zu erkennen. Die genossenschaftliche Rechtsform ist im Grunde eine
frühe Form der Schwarmintelligenz und des Crowd-funding.
Zusammenhalt
statt Spaltung in der digitalen Welt – das ist die Aufgabe, vor der
Genossenschaften stehen. Doch auch die Politik muss dabei
ihre Hausaufgaben machen. Genossenschaften
können zur Rechtsform der Zukunft werden. Wir müssen daher die
genossenschaftliche Rechtsform mitdenken, wenn wir gesetzlich handeln – und das
nicht nur beim jüngst reformierten Genossenschaftsgesetz.
One-size-fits-all-Gesetze (Einheitsgröße) passen manchmal nicht zu den
Besonderheiten der Genossenschaften.
Wenn
wir das gemeinschaftliche Wirtschaften fördern wollen, müssen wir in
Zusammenarbeit mit den Genossenschaften vor Ort
und ihren Verbänden handeln. Dann
können auch die Digitalgenossen zum Erfolg werden – und Friedrich Wilhelm
Raiffeisen mit seinem Gedanken zum Sozialreformer auch im 21. Jahrhundert.
Aus: Weserkurier, 12.03.2018
(Gern
können Sie „CoopTransform“ (info@cooptransform.de) Ihre Fragen zusenden. Wir werden unsere Antworten –
möglichst zeitnah - entweder einzeln oder innerhalb eines gleichen
Themenkomplexes veröffentlichen.)